Die Medizinische Lehrmeinung im Mittelalter
 

Die Lehre von den Vier Säften
Die Mediziner des Mittelalters gingen davon aus, dass die Gesundheit des Menschen von dem ausgewogenen Verhältnis seiner vier Körpersäfte abhängig sei. Dazu zählten sie Blut, Schleim, (Phlegma), gelbe Galle (Cholera) und schwarze Galle (Melancholie). Diese vier Säfte regelten nicht nur den Stoffwechsel des menschlichen Organismus und das körperliche Gleichgewicht von Kälte und Wärme, Trockenheit und Feuchtigkeit. Sondern sie prägten auch den Gemütszustand jedes Menschen, je nachdem, welcher der vier Säfte überwog. Dominierte das Blut, war man ein sanguinischer Typ, überwog der Schleim, zählte man zu den Phlegmatikern, hatte die gelbe Galle das Übergewicht, wurde man zu den Cholerikern gerechnet, und wer ein Übermaß an schwarzer Galle aufwies, war melancholisch veranlagt.
 


  Untersuchungen im Mittelalter

Als Krankheitsursache sah man oft eine fehlerhafte Lebensführung im Hinblick auf Kleidung, Nahrung oder körperliche Anstrengung an. Starke Gerüche, hohe Temperaturen und Feuchtigkeit zählten ebenso zu den Krankheitsauslösern. Durch eingeatmete "verdorbene", "schlechte" Luft, die zu viel Feuchtigkeit enthalte, werde das Blut mit "erhitzter Fäule entzündet" und verdorben, so glaubte man.

Letztendlich jedoch seien viele Krankheiten nur auf ein Ungleichgewicht der Körpersäfte zurückzuführen und mit einer Wiederherstellung der Harmonie zu behandeln. Daraus entwickelten sich Diäten in allen möglichen Formen. Bei der Reinigung (griech.: katharsis) wurden dem Körper alle überflüssigen oder ungesunden Säfte entzogen. In den Reinigungsprozess involviert wurde nicht nur die erkrankte Stelle, sondern der gesamte Organismus, der als Einheit empfunden wurde.
 


 Beliebtes Heilverfahren: der Aderlass

 

Heilung

Durch Anwendungen wie Schwitzen, Aderlassen, Purgieren versuchte man die krankmachende Materie, das Gift wieder aus dem Körper herauszubringen. Beliebtestes Heilverfahren war der Aderlass. Er wurde bei vielen Krankheiten, aber auch als Entlastung nach allzu üppigen Mahlen angewendet. Dieses Verfahren wurde an verschiedenen Adern vorgenommen. Es gab festgelegte Tage, an denen zur Ader gelassen wurde, Tage des abnehmenden Mondes wurden bei dieser Praktik bevorzugt. Eine immer größere Bedeutung bei der Behandlung von Kranken nahmen Heilkräuter ein. Kenntnisse über die pharmakologische Wirkung von Pflanzen und Heilkräutern lieferte das ganzheitliche Denken der Hildegard von Bingen bereits im frühen Mittelalter.

Ausbildung
Wer Mediziner werden wollte, absolvierte bei einem bereits geprüften Arzt eine mehrjährige Lehrzeit. Der angehende Heilkundige begleitete den Arzt bei den Patientenbesuchen. Durch Zuschauen und Beobachten sollte der Kandidat den Arztberuf erlernen. Parallel hatte der Student aber auch Vorlesungen an Universitäten oder medizinischen Schulen zu besuchen. Die medizinischen Akademien bildeten das eigentliche Zentrum der Medizin im Mittelalter. Die erste Hochschule im Rang einer Universität existierte bereits im 9. Jahrhundert in Byzanz. Die erste medizinische Schule in Europa entstand 1231 in Salerno. Es folgten die medizinischen Fakultäten an den Universitäten von Bologna, Montpellier, Paris, Padua, Prag (erste Universität im hl. röm. Reich 1348) und Oxford. Die Prüfung bestand aus einem theoretischen Teil, die der Kandidat vor den Gelehrten der Schule ablegen musste. Der medizinische Lehrmeister bestätigte die praktischen Fähigkeiten. Und nach dem Schwur des Hippokratischen Eides erhielt man die Erlaubnis, als Arzt zu arbeiten.

Geschichte der Heilpflanzen
Die Geschichte der Heilpflanzen ist eine sehr alte. Schon Jäger und Sammler setzten Pflanzen zur Heilung ein: So wurden bei dem etwa 5300 Jahre alten “Ötzi“, der Gletschermumie vom Tisenjoch, Birkenporlinge gefunden. Das ist ein Pilz, der gegen Magen-Darm-Beschwerden hilft. In babylonischen, altägyptischen, indischen und chinesischen Texten tauchen immer wieder Hinweise dazu auf, wie Pflanzen medizinisch genutzt und wie sie angebaut werden. Eines der ältesten medizinischen Schriftstücke ist der sogenannte “Papyrus Ebers“. Er wurde etwa zwischen 1550 und 1525 vor Christus im alten Ägypten verfasst. Knapp 19 Meter Länge misst der Papyrus, heute befindet er sich in der Universitätsbibliothek Leipzig.

Heilkunst beeinflusste um etwa 1000 nach Christus auch die europäische Welt; im Mittelalter trieben vor allem Mönche und Nonnen das Wissen über Heilpflanzen voran.