Engelwurz

 

Die Arznei-Engelwurz oder Echte Engelwurz ist eine in Mitteleuropa an feuchten Standorten vorkommende und als Volksarzneipflanze verwendete Pflanzenart aus der Familie der Doldenblütler. Der echte Engelwurz kommt bei uns nur vereinzelt vor. Der heilige Erzengel Raphael soll einem Einsiedler diese Pflanze gezeigt haben, damit er dadurch den Menschen Hilfe bringe in unheilbaren Krankheiten. Er ist wegen seinen großen Dolden von Bienen umschwärmt. Noch heute wird in nördlichen Ländern Engelwurz als Gemüse gegessen.


Die ältesten Schriftzeugnisse über Kultur und Verwendung stammen aus Skandinavien, Island und Grönland. Auf skandinavischen Märkten war sie seit dem 10. Jahrhundert erhältlich. Es waren die Wikinger im 10. Jahrhundert, die die Engelwurz in Mitteleuropa einführten. Im Mitteleuropa kam die Engelwurz als Kulturpflanze im späten Mittelalter auf, und zwar zunächst in den Klostergärten. Seit dem 15. Jahrhundert erfreute sie sich in Europa großer Beliebtheit und wurde als das wichtigeste aller Heilkräuter eingestuft. Die Benediktiner und später die Kartäuser nahmen sich der Engelwurz besonders an. Während den Pestepedemien kauten Ärzte auf der Wurzel der Engelwurz, um sich vor Ansteckung zu schützen. Noch 1771 gab der französische Autor Buchoz seinen Lesern den Rat, bei Pestepidemien seine Kleidung mit einem Pulver aus Engelwurz zu bestreuen.
 

In der Volksmedizin wird das ätherische Öl (als Droge Angelicae aetheroleum) aus den Wurzeln innerlich gegen Schlaflosigkeit und äußerlich gegen Rheuma und Neuralgien angewendet. In größeren Mengen ist das ätherische Öl toxisch.
 

Das Öl aus Wurzeln und Samen ist Bestandteil von Kräuterlikören und Bitterschnäpsen, wie Boonekamp, Bénédictine und Chartreuse.[2] Kandierte Stängel werden als Süßigkeit und als Verzierung für Backwaren angeboten. Engelwurz ist auch Bestandteil des Schneeberger Schnupftabaks. Früher verwendete man die Angelika für allerlei Zauber, zum Beispiel einen Verjüngungstrank. In der Volksmedizin wurde Engelwurz als Gegenmittel gegen Tollkirschenvergiftung eingesetzt. Sie sollte aber auch bei Alkoholvergiftung oder gar der Tollwut wirken. Wann einer von einem wütenden Hundt gebissen worden were/ der nemme Engelwurtzkraut und Wurtzel unnd thue darzu Rauthen. Zerstoss diese Stück wol unnd mach mit Honig ein Pflaster darauss/ streichs auff ein Tuch unnd legs über den Schaden/ das zeucht alles Gifft heraus. Aus Tabernaemontanus, New Kreuterbuch, 1588. Eltern gaben Ihren erwachsenen Kinder ein Pulver aus Angelika in den Wein, so daß "die tobende Lust der jungen Menschen" gemäßigt wurde... Die Angelika gehört zu all jenen, die am 11. Juli geboren wurden. Sie steht für Inspiration und leichte Schwermut. Sie gehört zudem zur Sonne und zum Sternzeichen Löwe. Der Angelika schrieb man magische Kräfte zu. So soll sie z.B. vor Hexerei schützen, weil keine ehrbare Hexe Angelika anwendete.Der Duft von Angelika soll, der Sage nach, inspirieren und neue Gedanken und Lösungen zeigen. Paracelsus lobte ihren Saft als "höchste Arznei" gegen innere Infektionen. Mit den Früchten werden Wermutwein, Gin und Chartreuse aromatisiert.

 

Wer Angelika selbst sammeln will, gräbt die Wurzeln von mindestens zweijährigen Pflanzen aus, wäscht sie gründlich, spaltet sie der Länge nach und läßt sie in einem warmen Raum trocknen. Bewahren Sie die getrocknete Wurzel dann gut abgeschlossen auf, da Insekten anscheinend besonders darauf stehen. Bedenke aber, dass es eine Vielzahl - teilweise auch sehr giftiger - Doldenblütler bei uns gibt ( z.B. den giftigen Gefleckten Schierling ) und du dir ganz sicher sein mußt, dass du es mit der Engelswurz zu tun hast. Hier findest du noch eine kleine, aber recht einprägsame Bestimmungshilfe: "Ist der Stängel kantig rauh, ist´s der Wiesenbärenklau; ist der Stängel glatt und rund, ist´s die Wurz vom Engel."
 

Auch in der Küche findet der Engelwurz verwendung, denn alle Bestandteile sind hocharomatisch und haben nervenstärkende Wirkung. Deshalb wird die Wurzel wohl auch in vielen Kräuterbittern verwendet. Die Sprossen eignen sich auch für Salate. Engelwurz wird häufig kandiert und wie Orangeat oder Zitronat als Backzutat verwendet -- und dabei auch gerne gefälscht, denn "Angelika" ist teuer. Fälschungen sind allerdings leicht erkennbar. Hat sich der Teig grünlich verfärbt, dann war Ersatz im Spiel; Angelika färbt nämlich nicht ab. Stängel und Wurzel können roh verzehrt werden und in Norwegen, in Island und auf den Faröerinseln wird Engelwurz heute noch als Gemüse verzehrt. Engelwurzpulver soll man sogar zum Würzen verwenden können.
 

Für die Kandierte Angelika (Engelwurz) benötigt man, 360 g Frische Angelikastiele, 5 dl Wasser, 400 g Zucker, Puderzucker Die Angelikastiele in 12 bis 15 cm langen Stücke schneiden, diese in kochendem Wasser 2 bis 3 minuten blanchieren. In kaltem Wasser abschrecken, gut abtropfen lassen. In einer breiten, hitzefesten Schüssel geben. Wasser mit Zucker aufkochen; kochen lassen, bis ein eingetauchter Löffel nach dem Herausnehmen vom Sirup gleichmässig überzogen bleibt, ohne jedoch dass der Sirup erstarrt. Die Angelikastücke mit dem heissen Sirup übergiessen, die Angelikastücke müssen vollständig bedeckt sein. Auskühlen lassen, dann für 24 Stunden im Kühlschrank stellen. Alles in einem Topg geben, aufkochen, auf kleinem Feür fünf Minuten kochen lassen. In die Schüssel zurückgeben, auskühlen lassen, 24 Stunden im Kühlschrank lassen. Dies dreimal wiederholen. Am vierten Tag, kochen lassen bis der Sirup eine Temperatur von etwa 112 oC erreicht hat (entspricht eine Dichte von 1.344). Prüfung ohne Zuckerthermometer/Zuckerwaage: ein Tropfen Zucker muss man zwischen den Fingern zu einer weichen Kugel rollen können (natürlich nachem man es in Wasser abgekühlt hat...). Die Angelikastücke mit einem Schaumlöffel herausnehmen und auf Gitter abkühlen lassen. Anschliessend mit Puderzucker bepudern und 24 Stunden an der freien Luft auf Gitter trocken lassen. In einer geschlossenen Dose aufbewahren.
 

Angelikalikör: 200 g Angelika Stiele u. Blätter, 4 Cm Zimtstange, 1 St Gewürznelken, 1/2 TL Muskatnuss gerieben, 200 g Zucker, 1 l Schnaps 40%, 100 cl Wasser, Angelikawurzel spülen, abtrocknen, in 10 cm Stücke schneiden. Mit den Gewürzen und Zucker in einem luftdicht schließendem Glas geben, mit Schnaps und Wasser auffüllen.Verschliessen, gut schütteln und an einem dunklen Ort bei Umgebungstemperatur während zwei Monaten ziehen lassen. Hin und wieder umschütteln. Durch einen Sieb geben, Angelika gut auspressen. Die Likör durch einen feinen Filter in Flaschen abseihen, diese gut verschließen und an einem dunklen Ort aufbewahren.
 

Auf Grund der Sage mit dem Erzengel und dem Einsiedler gibt es sogar ein kleines “Kräutermärchen“ Dort lebt die kleine Angelika als einzig überlebendes Kind in einem Dorf voller Lebeleute, die ihre Seele längst an Satan übergeben hatten. Alle Kinder waren schon vom Teufel geholt, nur die sehr schwache Angelika ließ er liegen, weil er dachte, dass Gevatter Tod sie sowieso bald holen würde. Eines Tages betrat ein Bettelmann das Dorf, der recht bald von den Einwohnern des Dorfes erbarmungslos vertrieben wurde. In der Nacht trat ein Engel an das Bett der sehr kranken Angelika und berichtete von einer Pflanze, die sie heilen könnte, würde man sie mit unschuldigen Händen pflücken. Alle Leute des Dorfes wollten der kleinen Angelika gerne helfen, aber niemand hatte unschuldige Hände! Da fiel ihnen der Bettelmann ein. Sie liefen aus und holten ihn zurück. Er wußte von dieser Pflanze mit dem Namen Engelwurz - auch "Heiliggeistwurz" genannt - und konnte sie mit seinen unschuldigen Händen pflücken. Sie kochten der kleinen Angelika daraus einen Tee und sie kam schon bald wieder zu Kräften. Überall im Dorf hing man das Kraut dieser Pflanze auf und der Teufel machte seit diesem Tage einen weiten Bogen ums Dorf. Seit diesen Tagen ist wieder das Gute in die Leute eingekehrt und viele Kinder spielen auf den Straßen. Aus der kleinen Angelika ist mittlerweile eine schöne junge Frau geworden und im Dorfe kennen alle das heilsame Kraut, welches alle nur kurz Angelika nennen.